Auf Gandhis letzten Spuren wandeln,
den motorisierten Rikschafahrern auf den Leim gegangen sein
und ihnen
trotzdem glücklich entkommen.
Die Armut der untersten Kaste
und
den Schmutz und Staub der Straßen mit allen Sinnen spüren.
Sich unter Buddhas Baum der Erkenntnis setzen
und wissen,
dass selbst das kleinste Körnchen seiner Weisheit
wie Sand durch die Finger rinnen wird.
(Thomas Nitschke, Varanasi, August 2013)
Vielleicht waren es die intensivsten dreieinhalb Wochen im Leben von Holger Simmat und Thomas Nitschke? Vielleicht haben sie auch nicht die Fähigkeit, all das im Zeitraffer Erlebte richtig zu verarbeiten und in aller Ruhe „sacken“ lassen. Vielleicht können sie ebenso wenig die flächendeckende Armut und die unzähligen Müllberge, die tobende Hektik und das unbeschreibliche Chaos auf den Straßen von Neu-Delhi, von Agra und von Varanasi; die Kopfschmerzen während des Überquerens des zweithöchsten Passes der Welt; die wohltuenden Ruhe und Düfte in den buddhistischen Tempeln bei Leh sowie die Pracht des meistfotografierten Gebäudes der Erde, des Taj Mahal, richtig beschreiben und mithilfe der Fotos realistisch wiedergeben.
Sie haben es dennoch versucht. Sie haben von mehr als dreitausend Fotos ca. dreihundert ausgewählt und hoffen, mit diesen die Schönheit und die Grausamkeit Indiens zeigen zu können. Denn Indien zeigte sich Ihnen als ein schöner und reizvoller Subkontinent. Schön erschien ihnen Indien beim Anblick der in farbenfrohen Saris gekleideten Frauen; schön zeigte sich das Heimatland von Gandhi, wenn buddhistische Mönche in ihre ganz in rot gestrichenen Klöster zum Besuch eines „Puja“ einluden; schön erschien Indien auch, wenn sie in unzählige, lachende Gesichter blickten, in die Gesichter der im Süden lebenden Draviten, der in Varansi betenden Schivajünger und der im nördlichen Leh ihre Gewürze und seidene Tücher verkaufenden nepalesischen und tibetanischen Händler. Doch Indien offenbarte auch unermessliche Armut und nicht geahnte Grausamkeiten. Die Armut zeigte sich beim Anblick der täglich um ihre Existenz kämpfenden „Dalits“, der sogenannten „Unberührbaren“. Grausam offenbarte sich die Opferung von vier Ziegen im südlichen Mamalapuram während eines blutigen Rituales zu Ehren des Gottes Shiva.
Die Reise von Holger Simmat und Thomas Nitschke währte zwar nur dreieinhalb Wochen, auch haben sie, dessen sind sie sich bewusst, nur ein Bruchteil des indischen Subkontinents gesehen. Aber trotzdem war es eine lohnende und vor allem lehrreiche Reise, denn in Indien ist alles anders, vollständig anders als hier.